Schifffahrt: Ökologische Aspekte

Schifffahrt: Ökologische Aspekte
Schifffahrt: Ökologische Aspekte
 
Prinzipiell lassen sich heute vier Hauptgruppen von Schiffen unterscheiden: Die größte Gruppe bilden die unzähligen Fischereifahrzeuge aller Größen und Typen, gefolgt von den Handelsschiffen zum Transport von Flüssigkeiten oder Stückgut. Daneben befahren diverse Kriegsschiffe und militärische Unterseeboote die Weltmeere. An dieser Stelle sollen jedoch lediglich die Umweltauswirkungen der Welthandelsflotte dargestellt werden. Vor der Erfindung des Flugzeugs und der weltweiten Expansion des Flugverkehrs stellte die Schifffahrt die einzige Transportverbindung zwischen den durch die Ozeane getrennten Kontinenten dar. Aber auch heute kommt dem Weltseegüterverkehr aufgrund der beständigen Zunahme des Welthandelsaufkommens eine dominierende Stellung zu. 1994 bestand die Welthandelsflotte aus 35 158 Schiffen mit insgesamt 420 806 Millionen Bruttoregistertonnen (BRT) oder 674 736 Millionen tons deadweight (tdw).
 
Die Entwicklung des Seehandels wurde in den letzten Jahrzehnten von mehreren Trends geprägt. Die offensichtlichste Veränderung besteht in einer beständigen Zunahme der Schiffsgrößen, wodurch die Transportkosten erheblich reduziert werden konnten. Vor allem die Ladekapazitäten der Tanker sowie der Massengut- und Erzfrachter erhöhten sich seit den 1950er-Jahren um ein Vielfaches. Die enorme Zunahme der Schiffsgrößen bedeutet aber auch, dass im Falle einer Havarie die lokal auftretenden Umweltschäden durch Ladungs- oder Treibstoffverlust wesentlich gravierender sind. Die größten Frachter haben heute Treibstofftanks an Bord, deren Volumen ebenso groß ist wie die Ladekapazität eines Öltankers von 1960.
 
Eine andere Möglichkeit der Kostenreduzierung sehen viele Reeder der reichen Industriestaaten in der »Ausflaggung« ihrer Schiffe. Dadurch wird es ihnen möglich, unter einer Billigflagge, vor allem der von Liberia, Panama und Zypern, mit niedrig entlohnten ausländischen Seeleuten zu fahren und das heimische Steuerrecht zu umgehen. 1994 fuhr über die Hälfte des deutschen Schiffsbestands unter ausländischer Flagge. Schiffe, die unter Billigflagge fahren, weisen oft wesentlich niedrigere Sicherheitsstandards auf und sind nicht selten völlig veraltet. Zudem ist die gering entlohnte Besatzung häufig schlecht ausgebildet. Statistisch gesehen sind unter Billigflagge registrierte Fahrzeuge überproportional häufig an Schiffsunglücken beteiligt.
 
Ein weiterer Grund zur Sorge ist, dass sich das Durchschnittsalter der Tankerflotte in den letzten Jahren beständig erhöht hat. Das zunehmende Alter großer Teile der Welthandelsflotte erhöht das statistische Risiko von Unglücksfällen.
 
 Eintrag von Erdöl durch den normalen Schiffsbetrieb
 
Die Verschmutzung der Meeresumwelt durch Erdölkohlenwasserstoffe ist wahrscheinlich die bekannteste, weil offensichtlichste Form der Umweltbeeinträchtigung der Ozeane. Sie beschränkt sich heute nicht mehr nur auf die Küstenmeere sowie auf die Tanker- und Schifffahrtslinien, sondern sie überzieht die Ozeane in ihrer gesamten Größe. Auch in den abgelegensten Seegebieten können schwimmende Ölklumpen gesichtet werden. Die Gesamtmenge des ins Meer gelangenden Öls ist schwer abzuschätzen. Die Angaben schwanken zwischen 1,7 und 8,8 Millionen Tonnen pro Jahr, wobei neuere Schätzungen durchweg niedriger ausfallen als ältere. Dies liegt vermutlich nicht nur an einer nennenswerten Verringerung der Einträge, sondern auch an einer Verbesserung der Schätzverfahren. Untersuchungen zu den Quellen der Ölverunreinigung der Weltmeere zeigen, dass lokale Katastrophen bei der Förderung und beim Transport von Rohöl nur einen geringen Anteil an der Gesamtverschmutzung haben. Der diffuse Eintrag durch Flüsse und über die Atmosphäre, der »normale« Schiffsbetrieb sowie Förderplattformen und Ölraffinerien bringen höhere oder vergleichbare Mengen ein. Zudem sickern erhebliche Mengen fossilen Erdöls seit jeher auf natürliche Weise in die Meere.
 
Alle Experten sind sich darin einig, dass durch »normale« Betriebsabläufe beim Schiffsverkehr wesentlich mehr Kohlenwasserstoffe in die Meeresumwelt gelangen als durch Unglücksfälle. Diese betriebsbedingten Ölverluste haben mehrere Ursachen: Alle Tanker müssen nach dem Löschen ihrer Ladung Ballastwasser aufnehmen, andernfalls liegt das Schiff zu hoch im Wasser und ist nicht mehr manövrierfähig. Die nötige Ballastmenge kann je nach Schiffstyp und vorherrschender Wetterlage 20 bis 50 Prozent der Ladekapazität des Schiffs betragen. Die früher übliche und auch heute leider noch weit verbreitete Praxis, das Ballastwasser in den Öltanks zu transportieren, führt zu einer Vermischung des Ballastwassers mit dem in den Tanks befindlichen Restöl. Das verschmutzte Ballastwasser wird dann häufig auf hoher See verklappt und durch frisches Wasser ersetzt, das dann im Hafen bei der Aufnahme neuer Ladung abgelassen werden kann. Diese Ballastroutine ist die Hauptursache der Ölverschmutzung der Meere durch den Schiffsverkehr. Auf ähnliche Weise wird mit dem Ölschlamm verfahren, der sich während des Rohöltransports in den Tanks und Rohrleitungen absetzt.
 
Alle Schiffe kommen von Zeit zu Zeit ins Trockendock, wo sie gewartet, repariert und gereinigt werden. Zuvor müssen aber die Treibstofftanks, bei Öltankern auch die Ladungstanks, geleert und gereinigt werden, um Explosionen bei den Wartungsarbeiten zu vermeiden. Die Reinigung der Tanks wird aus Kosten- und Zeitgründen auch heute noch oft nach dem oben beschriebenen Verfahren durchgeführt. Im Kielraum von motorgetriebenen Schiffen sammelt sich zudem im Laufe der Zeit das Bilgenwasser. Dieses Wasser ist zwangsweise mit Maschinenöl verschmutzt, das beim Abpumpen mit ins Meer gelangen kann. Im Einzelfall gelangt dadurch zwar wenig Öl in die Umwelt, durch die große Anzahl der Schiffe ist die Gesamtmenge jedoch beträchtlich. Eine weitere ständige Gefahrenquelle ist menschliches und technisches Versagen bei den Be- und Entladevorgängen im Hafen.
 
 Technische Optionen zur Reduzierung des Öleintrags
 
Heute stehen mehrere technische Lösungen zur Verfügung, um den Öleintrag durch die Ballastroutine zu minimieren. Gemeinsames Manko dieser Optionen ist aber, dass Umbaukosten oder Opportunitätskosten durch den Verlust an Laderaum anfallen. Beim Load-on-top-System werden die geleerten Öltanks mit Wasserstrahlen gereinigt. Das verunreinigte Waschwasser verbleibt in den Tanks, bis das Öl aufgeschwommen ist, dann wird das Wasser nach unten abgelassen und das verbleibende Öl in den Sloptank geleitet. Anschließend kann der gereinigte Tank mit sauberem Ballastwasser gefüllt werden. Die neue Ölladung wird dann auf das im Sloptank befindliche Restöl gepumpt. Auf diese Weise kann man den Öleintrag durch Ballastwasser verringern, aber nicht vermeiden. Zudem hängt die Wirksamkeit dieser Maßnahme von der Sorgfalt der Mannschaft während der Ballastfahrt ab und ist daher sehr schwierig zu kontrollieren.
 
Ein effektiveres Verfahren besteht darin, das an den Tankwänden anhaftende Öl während des Löschens der Ladung mit Rohöl abzustrahlen. Dieses crude oil washing lässt sich außerdem im Hafen besser überwachen. Die wirksamste, aber kostspieligste Methode ist der Einbau separater Ballasttanks. Dadurch kommt das Ballastwasser mit dem Öl erst gar nicht in Kontakt. Durch das MARPOL-Abkommen wurde die Verwendung des crude oil washing oder der Einbau separater Ballasttanks für neue Tanker über 20 000 tdw und alte Tanker über 40 000 tdw ab 1987 verpflichtend. 1990 wiesen geschätzte 89 Prozent der Tankertonnage diese Ausrüstung oder Umbauten auf. Durch die zunehmende Verbreitung der genannten Technik wird in Zukunft mit einem deutlichen Rückgang der Meeresverschmutzung mit Erdöl gerechnet.
 
 Eintrag von Erdöl durch Unglücksfälle
 
Wesentlich bekannter als die schleichende Vergiftung der Weltmeere durch den »normalen« Schiffsverkehr sind Schiffsunglücke, bei denen unmittelbar große Mengen Erdöl in die Umwelt gelangen und Menschen direkt zu Schaden kommen. Die medienwirksame Geschichte der Havarien von Großtankern begann 1967 mit der unter liberianischer Flagge fahrenden Torrey Canyon, die mit fast 120 000 t Rohöl vor Land's End, dem westlichsten Punkt Englands, verunglückte, wobei rund 40 000 t des Öls die Küsten Cornwalls und der Bretagne erreichten. Mit dem Auseinanderbrechen des liberianischen Tankers Amoco Cadiz vor der bretonischen Küste im März 1978 mit 223 000 t Rohöl an Bord wurde ein trauriger Rekord hinsichtlich der Meeresverunreinigung durch Öl erreicht. Auch in den 1980er- und 1990er-Jahren kam es zu zahlreichen spektakulären Ölkatastrophen. 1989 lief der amerikanische Supertanker Exxon Valdez vor der Westküste Alaskas auf ein Riff. Das auslaufende Öl verseuchte 15 000 Quadratkilometer ökologisch hoch empfindliche Küstengewässer. Im April 1991 sank der ursprünglich mit 143 000 t schwerem Heizöl beladene zypriotische Tanker Haven im Ligurischen Meer. Obwohl ein großer Teil der Ladung verbrannte oder verdunstete, gelangten mindestens 50 000 t Öl ins Meer.
 
Statistisch gesehen ereignen sich die meisten Tankerunfälle in denjenigen Seegebieten, die an die nautische Ausrüstung der Schiffe und an das seemännische Können der Besatzung gesteigerte Anforderungen stellen. Weltweit kommt es zu einer Häufung von Havarien in der Straße von Malakka, im Persischen Golf, am Kap der Guten Hoffnung, vor der Westküste Afrikas und an der amerikanischen Ostküste. Das unfallträchtigste Seegebiet überhaupt ist der Ärmelkanal und die angrenzenden Gewässer. Dies bedeutet leider auch, dass sich die meisten Tankerunglücke nahe einer Küste ereignen, die daher fast immer von einer Verschmutzung betroffen ist.
 
Die Ölindustrie rechnet damit, dass sich im statistischen Mittel ein Unfall beim tausendsten Anlaufen eines Hafens oder nach 50 Jahren regelmäßiger Fahrt eines Öltankers ereignet. Dies bedeutet durchschnittlich den Verlust von 87 Gramm pro Tonne transportierten Erdöls. Fast alle Tankerunfälle auf See und im Hafen werden durch menschliches Versagen verursacht, das sich aber weder durch wirkungsvollere Gesetze noch durch höhere Sicherheitsstandards vollständig vermeiden lässt. Daher wird die Umwelt auch in Zukunft von schweren Tankerhavarien nicht verschont bleiben.
 
 Die Folgen für die Meeresumwelt
 
Ausgelaufenes Öl breitet sich zunächst auf der Meeresoberfläche aus und bildet dort einen dünnen Film, den Ölteppich. Ausbreitungsgeschwindigkeit und Dicke des Ölteppichs hängen von der Wassertemperatur und den Eigenschaften des Öls ab. Die Zusammensetzung eines Ölteppichs ändert sich mit der Zeit: Niedermolekulare Kohlenwasserstoffe verdunsten, andere Bestandteile lösen sich im Wasser, unlösliche Anteile werden fein verteilt und bilden eine Öl-Wasser-Emulsion. Die zähe Ölschlammemulsion, auch Mousse genannt, bildet nach einiger Zeit große klebrige Fladen, aus denen nach mehreren Wochen bis Monaten Teerklumpen entstehen. Der Ölfilm wandert mit der Meeresströmung und dem Wind. Dadurch kommt ständig frisches Meerwasser mit dem Öl in Kontakt, das dann wieder Ölbestandteile lösen kann.
 
Die Säuberung ölverschmutzter Küsten ist ein schwieriges, kostspieliges und nicht immer erfolgreiches Unterfangen. Es ist daher zweckmäßig, im Unglücksfall einen Ölteppich, der an Land zu treiben droht, schon auf See zu bekämpfen. Dazu stehen mehrere Techniken zur Verfügung, durch die eine Verschmutzung der Küste aber selten vollkommen verhindert werden kann. Die gängigste Methode besteht darin, den Ölteppich mit Emulgatoren zu besprühen, die den natürlichen Prozess der Emulgierung beschleunigen. Dadurch zersetzt sich der Ölteppich in winzige, im Wasser schwebende Tröpfchen. Dies bedeutet aber nicht, dass das Öl aus der Meeresumwelt entfernt wird, sondern dass es sich lediglich im Wasser verteilt. Emulgatoren wirken aber nur bei frischen Ölteppichen; sie sind außerdem toxisch und führen selbst zu Umweltschäden. Die überstürzte Anwendung von hochtoxischen Emulgatoren führte 1967 nach der Havarie der Torrey Canyon zu größeren Schäden als durch ausgelaufenes Öl. Heute geht man dazu über, verschmutzte Küstenabschnitte nur mechanisch zu reinigen oder vollkommen der natürlichen Regeneration zu überlassen. An touristisch genutzten Badestränden haben allerdings ökonomische Interessen Vorrang. Deshalb entscheidet man sich dort meist noch immer für umfangreiche chemische Reinigungsmaßnahmen.
 
Prinzipiell unterliegen alle in die Meeresumwelt eingebrachten Kohlenwasserstoffe der natürlichen Verwitterung. Bis zum vollständigen natürlichen Abbau von Erdölverschmutzungen können jedoch Jahrzehnte vergehen. Die physikalischen, chemischen und biologischen Prozesse, die zu einem Abbau der Kohlenwasserstoffe führen, hängen von den örtlichen Bedingungen, wie Wasser- und Lufttemperatur, Windgeschwindigkeit, Lichtintensität, Wellenhöhe, Nährstoff- und Substratangebot für Mikroorganismen, aber vor allem von der Zusammensetzung des Öls ab. Der Umweltschaden nach Ölverlusten lässt sich daher nicht ausschließlich an der Menge des ausgelaufenen Öls messen.
 
Öl wirkt in zweifacher Weise auf die kontaminierte Flora und Fauna ein. Die großflächige Bedeckung führt zum Erstickungstod vieler Organismen. Pflanzen und Phytoplankton können wegen des verminderten Lichteinfalls keine Photosynthese mehr betreiben. Kleine, wirbellose Tiere wie Muscheln, Schalentiere und Würmer verenden, weil das Öl ihre Organe verklebt. Fische und haarlose Meeressäuger haben, auch aufgrund ihrer Mobilität, bessere Chancen, eine Ölverschmutzung zu überstehen. Säugetiere mit Fell, beispielsweise Robben und Otter, befinden sich jedoch in größter Gefahr, da ihr Fell mit Öl verklebt. Die am schlimmsten betroffenen Opfer sind Seevögel. Das Öl zerstört ihr wärmeisolierendes und Wasser abweisendes Gefieder. Dies bedeutet meist den Tod durch Ertrinken oder Unterkühlung. Selbst kleine Ölflecken, die auf Ansammlungen schwimmender Vögel treffen, können schwere Verluste verursachen. Es ist nicht möglich, die genaue Anzahl der aufgrund der Ölverschmutzung verendeten Vögel zu bestimmen; zuverlässige Zahlen gibt es lediglich über die Individuen, die — lebend oder tot — verölt an Strände getrieben werden. Möglicherweise werden mit den Zahlen über die angetriebenen Individuen bis zu 90 Prozent der Ölopfer nicht erfasst.
 
Erdöl enthält aber auch giftige Substanzen. Viele höhere Tiere verenden, da sie beim Reinigungsversuch ihres Fells oder Gefieders toxische Verbindungen aufnehmen. Die wasserlöslichen Komponenten des Rohöls und ihre Reaktionsprodukte enthalten ebenfalls viele schädliche Stoffe. Vor allem die polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (englisch: polycyclic aromatic hydrocarbons, PAH), wie zum Beispiel Benzpyren, haben Krebs erregende und mutagene Wirkungen. Manche Organismen, vor allem Sedimentbewohner, können PAH in ihrem Fettgewebe anreichern. Durch eine PAH-Anreicherung in Fischen und Muscheln kann sich indirekt auch für den Menschen eine Gesundheitsbeeinträchtigung ergeben. Dieser Aspekt verdeutlicht, dass nicht nur die akute Belastung der Meere durch spektakuläre Unglücksfälle, sondern auch die Hintergrundbelastung mit Öl und seinen toxischen Komponenten umweltrelevante Auswirkungen hat.
 
 Verschmutzung mit festen Abfällen und chemischen Produkten
 
Durch den Schiffsverkehr werden seit jeher erhebliche Mengen fester Abfallstoffe in die Meeresumwelt eingetragen. Durch die zunehmende Verwendung von langlebigen Kunststoffen wurden während der letzten Jahrzehnte die Ozeane, vor allem aber der Nordatlantik, mehr und mehr mit Plastikabfällen verunreinigt. Besonders weit verbreitet sind schwimmfähige und nur extrem langsam zersetzbare winzige Pellets aus Polyethylen und Polystyrol. Bei diesen kleinen Plastikpartikeln handelt es sich vermutlich um Rohmaterial der Kunstoff verarbeitenden Industrie, das beim Umladen verloren geht und sich zunehmend weltweit verteilt. Selbst in küstenfernen Regionen wurden bis zu 1500 dieser Pellets und 10 000 andere Plastikteilchen pro Quadratkilometer abgeschöpft. Die zu beobachtende Zunahme der Plastikabfälle wird verständlich, wenn man die lange Aufenthaltszeit von festen Abfällen im Meer bis zu ihrem Abbau berücksichtigt. Auch größere Plastikteile, meist Verpackungsmaterial, kommen in großer Menge im Meer vor. Ein hoher Anteil davon stammt von Schiffen. Schätzungen zufolge fallen pro Person und Tag 1,1 bis 2,6 Kilogramm Plastikmüll an, der nach wie vor fast vollständig über Bord geht.
 
Über das Ausmaß der Belastung der Meere mit chemischen Produkten durch den Schiffsverkehr liegen keine verlässlichen Daten vor. Prinzipiell kann man jedoch davon ausgehen, dass sämtliche gehandelten chemischen Produkte durch Havarien oder Ladungsverluste auch in die Meeresumwelt gelangen. Besonders problematisch ist hierbei die Verschmutzung durch persistente Verbindungen, die entweder gar nicht durch Mikroorganismen angegriffen oder abgebaut werden können oder so extrem schlecht abbaubar sind, dass sie praktisch als dauerhaft angesehen werden können. Zu den umweltrelevanten persistenten Stoffen gehören insbesondere:
 
Schwermetalle wie zum Beispiel Quecksilber, Cadmium und Blei,
 
—halogenierte Kohlenwasserstoffe, darunter Insektizide wie DDT und Dieldrin sowie
 
—Chemikalien aus der Gruppe der polychlorierten Biphenyle (PCB).
 
Schwermetalle und halogenierte Kohlenwasserstoffe, die vom Organismus nicht mehr ausgeschieden werden können, verbleiben unverändert im Körper und sammeln sich im Laufe des Lebens an. Durch diesen Prozess der Bioakkumulation reichen oft geringste Hintergrundkonzentrationen eines Schadstoffs, um schädliche Konzentrationen in den aufnehmenden Organismen zu erreichen. Diese Stoffe werden außerdem innerhalb der Nahrungskette weitergegeben und zunehmend konzentriert; diesen Prozess bezeichnet man als Biomagnifikation. Handelt es sich um toxische Substanzen, wie beispielsweise das berüchtigte Insektizid DDT, kann jedes Glied der Nahrungskette geschädigt werden. Das größte Risiko besteht dabei für die Endglieder, und somit auch für den Menschen.
 
Eine jahrelang unterschätzte Belastungsquelle sind fäulnishemmende Schutzanstriche im Unterwasserbereich von Schiffen, die als abtötende Mittel gegen pflanzliche und tierische Meeresorganismen wirken. Diese Lacke enthalten als Wirkstoff zumeist giftige Kupferverbindungen oder hochtoxische organische Zinnverbindungen. Vor allem im Bereich von Yachthäfen und in Gebieten mit reger Küstenschifffahrt kommt es durch erhöhte Konzentrationen dieser Substanzen zur Schädigung der Schalentierbestände.
 
Prof. Dr. Hans-Dieter Haas
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
Luftfahrt: Ökologische Aspekte
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Straßenverkehr: Ökologische Aspekte
 
 
Bossel, Hartmut: Umweltwissen. Daten, Fakten, Zusammenhänge. Berlin u. a. 21994.
 Brügmann, Lutz: Meeresverunreinigung. Ursachen, Zustand, Trends und Effekte. Berlin 1993.
 Clark, Robert B.: Kranke Meere? Verschmutzung und ihre Folgen. Aus dem Englischen. Heidelberg u. a. 1992.
 
Öko-Lexikon. Stichworte und Zusammenhänge, herausgegeben von Hartwig Walletschek u. a. München 51994.
 Olsson, Michael / Piekenbrock, Dirk: Gabler-Kompakt-Lexikon Umwelt- und Wirtschaftspolitik. Wiesbaden 31998.
 Opaschowski, Horst W.: Umwelt - Freizeit - Mobilität. Konflikte und Konzepte. Opladen 21999.
 
Umweltdaten Deutschland 1995, herausgegeben vom Umweltbundesamt u. a. Berlin u. a. 1995.

Universal-Lexikon. 2012.

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